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Größere Katastrophen sind Gott sei Dank in Deutschland noch die Ausnahme. Dennoch können Sie im Laufe Ihres Lebens jederzeit in eine geraten. Auch sehr wahrscheinlich ist es, dass Sie in eine kleinere Überlebenssituation kommen (ein Feuer, ein Überfall, ein Auto- oder Skiunfall.)  Da diese „alltäglichen“ Situationen so vielfältig sein können und jede für sich ihre eigene Dynamik mit sich bringt, werde ich sie in anderen Beiträgen beschreiben. Überlebenswichtig dabei ist in jedem Fall (egal ob große oder kleine Katastrophe), die Dynamik einer derartigen Situation zu verstehen. und sofort richtig zu Handeln. Hier analysieren wir erst einmal die „worst case Szenarien, also den schlimmsten denkbaren Fall, nämlich, dass Sie sich plötzlich und unerwartet in einem großen Desaster wieder finden…

Nachfolgend habe ich mal den Ablauf in 8 wesentliche Phasen unterteilt. Diese Phasen sind sehr unterschiedlich und besitzen ihre eigenen Gefahren. Dieser Report soll Leben retten. Hätten die Menschen in den Betroffenen Gebieten gewusst, warum die Tiere bereits Tage vorher landeinwärts flüchteten und das Wasser weit ins Meer zurück gezogen wurde, hätten sich weit mehr Menschen vor dem Tsunami 2006 vor der Küste Tailands retten können. Sie haben es bemerkt, aber wussten nicht um die Bedeutung.

1. Die Ankündigungsphase (2 Stunden bis mehrere Jahre)

In den Medien werden scheinbar bestimmte Themen verschwiegen oder offensichtlich heruntergespielt. Die Bevölkerung soll nicht beunruhigt, Panik vermieden werden. Ein allgemeines Unwohlsein macht sich breit, obwohl niemand genau weiß, warum.

2. Die Vorphase (einige Stunden bis mehrere Tage)

(Die Ruhe vor dem Sturm) -Das innere Unwohlsein verstärkt sich. In dieser Phase spüren Menschen und Tiere bereits, dass irgend etwas nicht stimmt, können meist aber nur schwer sagen, was. Tiere flüchten oft schon scharenweise aus gefährdeten Gebieten. Stürme oder Fluten kündigen sich durch Wolkenentwicklung oder Rückzug des Wassers an, wirtschaftliche Krisen an der Börse,

3. Die Vorbereitungsphase (mehrere Stunden bis wenige Tage)

Hamsterkäufe beginnen und innerhalb weniger Stunden sind die Geschäfte leer und Tankstellen trocken. Menschen streiten sich um die letzten Vorräte. Wer kann, flüchtet aus den betroffenen Gebieten was zu Unfällen, Staus und kilometerlangen Autoschlangen führt. Wer bleibt, trifft Vorkehrungen. Da Katastrofen oft sehr überraschend eintreffen, ist diese Phase oft sehr kurz, bzw. nicht existent.

4. Die desaströse Phase (einige Minuten bis einige Stunden)

Bei kleineren (z.B. Hausbrand) oder plötzlich eintretenden Ereignissen können die ersten drei Phasen sehr kurz oder gar nicht existent sein. In diesem Fall werden die Menschen oft überrascht und Unwissenheit über das, was passiert ist, kann zu Chaos und Konfusion führen. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie befinden sich im Kino und sehen sich gerade einen Film an. Plötzlich gibt es einen Knall ähnlich einer Explosion und der Boden unter Ihren Füßen bebt für ein paar Sekunden. Rauch steigt auf, Menschen beginnen plötzlich panisch zu schreien und wie wild durcheinander zu laufen, der Strom fällt aus und niemand kann Ihnen sagen, was passiert ist.

  • Die existenzielle, allgegenwärtige Frage in dieser Phase ist: Was ist passiert? Soll ich besser flüchten oder verharren.

Bei großen Ereignissen und Katastrophen ist die desaströse Phase die Phase der größten Zerstörung, in welcher die reine Naturgewalt tobt. Also der Zeitpunkt, wo z.B. eine Flutwelle oder ein Wirbelsturm auf bewohntes Land trifft und Zerstörung anrichtet.

5. Die Traumaphase (einige Stunden bis einige Tage)

Das Erwachen nach der Katastrophe. Alles wirkt unecht und läuft in den Beteiligten wie ein Film ab. Ein allgemeiner Schockzustand hat sich eingestellt. Menschen schreien hysterisch, verletzte wimmern, panische Menschen laufen planlos durch die Straßen, Erste Gewalt und Plünderungen beginnen. Aber auch Solidarität und Hilfsbereitschaft macht sich breit.

6. Die Anarchiephase (einige Tage bis Wochen)

Der (örtliche) Zusammenbruch aller Strukturen. Polizei, Feuerwehr und örtliche Hilfskräfte sind machtlos, unorganisiert und ggf. werden auch Polizisten zu Plünderern oder erschießen Passanten, wie es bei Hurrican Katrina in New Orleans mehrfach der Fall war. Menschen tun sich in kleinere Gruppen zusammen, manche plündern, manche suchen Vermisste, manche versuchen sich gemeinsam einen Weg zu bahnen. Es gibt weder Strom und Wasser, noch Lebensmittel, warme Kleidung oder Medizin. Krankheiten wie Cholera und Lungenentzündung verbreiten sich und verlaufen meist tödlich.

7. Die Reorientierungsphase (einige Stunden bis Wochen)

Hubschrauber treffen ein. Erste Hilfspakete werden abgeworfen, was zu gefährlichen Besitzstreitereien führen kann. Langsam treffen weitere Hilfskräfte mit Fahrzeugen ein und richten Krankenhäuser und Ausgabepunkte für Lebensmittel ein. Polizei und Armee schaffen Ordnung und Struktur.

8. Die Rückkehr zur „Normalität“ (Bis zu einigen Jahren)

Während oder nachdem die Menschen „grundversorgt“ werden, also die Versorgung mit Essen, Wasser, Kleidung, Medizin und Notunterkünften gewährleistet ist, beginnt die Suche nach Toten und Verletzten. Aufräumarbeiten beginnen und es wird eine Art „normaler Tagesablauf“ geschaffen. Später werden neue Gebäude errichtet und eine neue Infrastruktur aufgebaut.

Jede dieser 8 Phasen bietet völlig unterschiedliche Herausforderungen und Gefahren. Im urbanen Raum ist es daher lebenswichtig, sich einmal Gedanken über mögliche Notfälle zu machen,

  • Was mache ich, wenn in meinem Wohnhaus die einzige Treppe nach unten durch Feuer und Rauch blockiert ist?
  • Was tue ich, wenn es zwei Wochen keinen Strom gibt? Wie halte ich mich warm? Wie koche ich? Wo gehe ich auf die Toilette, wenn es kein Wasser gibt? Woher bekomme ich Trinkwasser, wenn die Geschäfte zu oder leer sind?

In diesem kurzen Report habe ich die Beschreibung der 8 Phasen auf ein absolute Minimum gehalten. Aufgrund der Vielzahl möglicher Szenarien, ist es kaum möglich exakt auf eine Situation einzugehen. Darum ist es nicht möglich, eine Garantie für diese Informationen zu geben. Sie sollten bestenfalls als Richtlinien betrachtet werden. Dennoch hat sich in den Katastrophen der Vergangenheit genau dieses Schema gezeigt.

Haben Sie sich schon einmal Gedanken über ein derartiges Szenario gemacht? Was würden Sie tun, wenn Sie plötzlich in eines geraten?